Musst du lügen, damit die Magenverkleinerung bezahlt wird?

„Soll ich jetzt echt lügen, nur damit die Krankenkasse meine Magenverkleinerung bezahlt?“
Diesen empörten Satz habe ich neulich nicht zum ersten Mal in der vorbereitenden Ernährungsberatung gehört. Der Auslöser war sein Ernährungsprotokoll, das mein Klient zum zweiten Beratungstermin mitgebracht hatte.

(Wenn du meine Gedanken dazu mit Ton und Bild haben möchtest, schau mal auf meinem Youtube-Kanal vorbei:)

Ziemlich viele ungünstige Lebensmittel..

Beim ersten Termin hatten wir bereits über das Tellermodell gesprochen: gesunde, ausgewogene Mahlzeiten, sinnvoll verteilt über den Tag. Und trotzdem fanden sich im neuen Protokoll ziemlich häufig Dinge wie Eierplätzchen, Chips am Abend, zwei- bis dreimal hintereinander gab es Torte und bei einigen (Fast-Food-) Mahlzeiten fehlte das Gemüse komplett.

Ich habe klar gesagt: So kannst du das nicht einreichen.

Und das sage ich wirklich nicht gern. Mein Anspruch als Ernährungsberaterin ist es, Menschen beim Thema entspanntes und alltagstaugliches Essen zu begleiten – nicht, jeden Keks und jedes Bier zu be- bzw. verurteilen. Aber es gibt Situationen, da ist es mein Job, meine KlientInnen herauszufordern.

Warum so ein Protokoll zum Problem werden kann

In Deutschland ist ein Vorbereitungsverfahren vorgeschrieben, das Menschen mit Adipositas vor der Magenverkleinerungs-OP durchlaufen müssen. Alle Unterlagen, inklusive des Ernährungsprotokolls, müssen dokumentiert werden. Diese Dokumentation on Krankenkassen stichprobenartig überprüft – mit dem Ziel zu prüfen, ob die OP-Vorbereitung ordentlich durchgeführt wurde.

Ich habe es schon mehrfach erlebt, dass Adipositas-Zentren von den Krankenkassen Rückmeldungen bekommen haben wie: „Anhand des Protokolls nicht erkennbar, dass eine ernsthafte Ernährungsumstellung stattgefunden hat.“

Man kann das unfair finden – und das tue ich zum Teil auch. Ich bin nicht der Meinung, dass man gar keine Cola mehr trinken darf oder 24/7 ausschließlich Gesundes essen darf.

Aber letztendlich sitzen die Kassen am längeren Hebel und kein Krankenhaus ist scharf auf gerichtliche Auseinandenersetzungen. Deshalb sitzen Chirurg:innen in manchen Gesprächen auch mit dem Rotstift am Protokoll – nicht, um zu kontrollieren, sondern weil sie sicherstellen müssen, dass die Unterlagen stimmig sind.

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„Wenn ich das alles könnte, bräuchte ich keine OP!“

Mein Klient hat es auf den Punkt gebracht:
„Ich mache das doch nicht, weil es mir egal ist. Ich habe gerade einfach das Gefühl: Ich kann nicht anders.“

Und ja, ich verstehe das. Der Zwiespalt ist real. Du brauchst die OP gerade weil es so schwer ist, dein Essverhalten dauerhaft zu verändern – in einer Welt, die uns ständig zum Überessen einlädt. Das ist eine Eigenschaft der chronischen Erkrankung Adipositas.

Niemand muss perfekt essen – aber einiges muss geübt sein

Wie schon geschrieben: als Ernährungsberaterin sehe ich meinen Job nicht darin, jemanden zum perfekten Esser zu machen. Ich weiß, dass das Leben oft alles andere als ideal ist.
Stress, Schichtdienst, emotionale Ausnahmesituationen – all das spielt mit hinein.

Aber: Eine Magenverkleinerung bedeutet auch, dass du hinterher nicht mehr einfach „drauflos essen“ kannst. Es gibt Dinge, die du vorher üben solltest – gerade dann, wenn deine Lebensumstände schwierig sind.

Warum Snacks & Co. nach der Magenverkleinerung zum Problem werden können

Zur Wahrheit gehört:
Dein Körper braucht bestimmte Nährstoffe –
die bekommst du nicht über Schokolade, Kuchen, Burger oder Pommes. Wenn du regelmäßig ungesunde Snacks isst, ist nach der OP in deinem Magen schlicht kein Platz mehr für nährstoffreiche Lebensmittel. Wenn du nicht jetzt schon übst, zuerst die nährstoffreichen Dinge zu essen und die Extras als Genuss einzuplanen, kann es nach der OP zu Mangelernährung kommen.

Wie du dir mit etwas Süßem eine Pause gönnen kannst, ohne dass es kalorisch aus dem Ruder läuft, kannst du hier nachlesen.

Mein Vorschlag: Ehrlich bleiben – mit System

Zurück in meine Beratung…was kannst du also tun, wenn du dich nicht verbiegen willst – aber trotzdem ein formal sauberes Protokoll brauchst?

Mein Kompromiss-Vorschlag:
Führe dein offizielles Ernährungsprotokoll ganz normal – mit den geplanten Hauptmahlzeiten und gesunden Snacks. Und alles, was nicht reinpasst – also Süßes, spontane Snacks, Ausnahmen – notierst du auf einem Extrazettel.

Das kann ein Klebezettel sein oder ein Blatt, das du nur für dich führst.
Wichtig ist: Du musst nicht lügen – aber du wirst dir bewusst, was da noch alles mitschwingt.

Diese Zweigleisigkeit hilft in der Beratung enorm. Denn du erkennst, wie oft du aus Impuls isst – nicht aus Hunger. Und daraus lassen sich konkrete Schritte ableiten, wie du dieses Verhalten verändern kannst. So geht gute Beratung.

So wird dein Protokoll „schön“ und ehrlich

Ein gutes Ziel finde ich: Am Ende der Vorbereitungszeit gibt es auf dem Extrazettel an mindesten vier von sieben Tagen fast nichts oder nur wenige Einträge.

Nicht, weil du „brav“ warst. Sondern weil du gelernt hast, was dir guttut – und mit einem guten Gefühl in die OP gehst.

Und jetzt du: Wie doll darf deine Ernährungsberaterin dich fordern?

Wenn du dich gerade auf eine Magenverkleinerung vorbereitest:
Welche Erfahrung machst du damit, Süßes und nährstoffarme Snacks runterzufahren und gezielt auf nahrhaftes Essen zu achten? Und wie findest du es, wenn deine Ernährungsberaterin dich auch mal klarmacht, dass du noch etwas (mehr) umschichten musst in deinem Speiseplan ?
Motiviert dich das – oder fühlt es sich eher nach zusätzlichem Druck an?

Wenn du selbst mit Patient:innen arbeitest:
Wie gehst du mit solchen Situationen um?
Was rätst du deinen Klient:innen – und wo ziehst du Grenzen?

Ich freue mich auf deinen Kommentar!