Mit diesen 5 Fragen weißt du alles Wichtige über Nahrungsergänzung nach deiner Adipositas-OP

 

Ein Thema, das bei der Vorbereitung auf die Adipositas-OP immer wieder diskutiert wird, ist die Ankündigung, dass du mit einem verkleinerten Magen ein Nahrungsergänzungsmittel nehmen sollst. Klingt ganz schön drastisch: ein Leben langzusätzlich zum Essen Vitamin- und Mineralstoffpräparate schlucken.. Was hat es mit den „Supplementen“ auf sich? Ich habe für dich die wichtigsten Fragen zum Thema Vitamine und Mineralstoffe beantwortet.

 

1: Muss ich schon vor der Adipositas-OP Supplemente nehmen?

Zur OP-Vorbereitung gehört eine ausführliche Untersuchung verschiedener Blutwerte. Dabei wird nicht nur untersucht, ob dein starkes Übergewicht z.B. durch eine Störung im Hormonhaushalt oder eine bisher unerkannte Erkrankung entstanden ist. Auch die Versorgung deines Körpers mit Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen wird gemessen.

Wenn dabei herauskommt, dass du einen Vitamin- oder Mineralstoffmangel hast, musst du schon vorher Supplemente* dafür einnehmen.

Nur bei Mangel schon vorher supplementieren

Manchmal wird empfohlen, schon vorher ein Multivitamin einzunehmen, selbst wenn du keinen Mangel hast. Vielleicht hast du auch Bekannte, die darauf schwören. Der Markt mit Nahrungsergänzung ist ja riesig und selbst für Fachleute schwer überschaubar.

Wenn du damit bisher gute Erfahrungen gemacht hast und es dir mit einem Zusatzpräparat gut geht, wirst du es wahrscheinlich weiter so machen.

Falls nicht und falls du jetzt unsicher bist, ob das sein „muss“, bekenne ich mich mal als skeptisch gegenüber Nahrungsergänzung für Gesunde. Mir als klassisch ausgebildeter Ernährungsberaterin ist es wichtiger, dass du mit deinem normalen Essen so gut wie möglich für dich sorgst. So lange du noch normale Mengen essen kannst, geht meiner Meinung nach nichts über Vitamine und Mineralstoffe aus echten Lebensmitteln. In der Original-Verpackung sozusagen.

 

 

2 – Muss ich nach der Magenverkleinerung mein Leben lang Vitamin-Pillen schlucken?

Die kurze Antwort ist: wahrscheinlich ja. Als eine Voraussetzung für den Erfolg einer Magenverkleinerung steht in der Leitlinien für Adipositas-Chirurgie (die du hier nachlesen kannst: :

Empfehlung 6.17 Wenn nicht bereits mit der präoperativen Diät begonnen, soll spätestens mit der Entlassung die lebenslange Prophylaxe / Supplementation (Multivitamin und Spurenelemente) zur Vermeidung von Mangelernährung begonnen werden. (S. 98)

 

Warum also nur „wahrscheinlich“ lebenslange Vitamin-Supplementation?

An einer anderen Stelle macht die Leitlinie eine Einschränkung:

„Es existieren keine Daten oder Empfehlungen, wie lange nach LAGB (=Magenband) oder SG (=Schlauchmagen)eine prophylaktischen Supplementation erfolgen soll (S.129)

Das bedeutet wohlgemerkt nicht, dass man – wie es manchmal gesagt wird – nach Schlauchmagen oder Magenband keine Supplemente braucht. Sondern nur, dass es zum Zeitpunkt der Verfassung der Leitlinie (Stand 2017) keine wissenschaftlichen Untersuchungen dazu gab.

Ich erlebe es in der Beratung immer mal wieder, dass KlientInnen nach einem oder 2 Jahren so gute Vitamin- und Mineralstoffwerte im Blut haben, dass sie mit den behandelnden ÄrztInnen absprechen, weniger oder gar keine Supplemente zu nehmen. Du kannst dich allerdings nicht darauf verlassen, dass das für immer so ist.

Keine Vitamine zu nehmen ist wie sich nicht die Zähne zu putzen

Ich bin ausdrücklich eine Befürworterin der vorbeugenden (!) Vitamineinnahme. Einige Vitamin- und besonders Mineralstoffmängel lassen sich nicht zuverlässig bzw. erst sehr spät im Blut nachweisen. Am Beispiel Vitamin b12 habe ich das hier mal beschrieben.
Wenn dir ein Arzt aktiv empfiehlt, nichts zu nehmen, ist das für mich so, als würde dein Zahnarzt dir empfehlen, nicht die Zähne zu putzen und abzuwarten, ob du Löcher im Zahn bekommst.

Was du natürlich tun kannst: dich auch nach der OP darum kümmern, dass dein Essen richtig gute Qualität hat. Und dich auf einen weiteren Termin einstellen, den du bis ans Ende deines hoffentlich langen und glücklichen Lebens einplanst: einmal jährlich bei deinem Adipositas-Zentrum deine Blutwerte überprüfen zu lassen.

 

3 – Reicht nach der OP ein Produkt aus der Drogerie oder muss es ein Spezialpräparat sein?

Diese Frage wird hauptsächlich im Bereich der Selbsthilfe immer wieder heftig diskutiert.  Viele Menschen tun sich mit dem Gedanken schwer, für ein spezielles Präparat lebenslang Geld ausgeben zu müssen (das siehst du auch bei Punkt 2).

Die Leitlinien für Adipositas-Chirurgie (die du hier nachlesen kannst) empfehlen ganz grob: bei den meisten Vitaminen sollte ein OP-geeignetes Präparat einen Gehalt von 200% des empfohlenen normalen Tagesbedarfs enthalten. Bei den Vitaminen gibt es 2 Sonderfälle. Für Vitamin B12 brauchst du nach der OP das 400-fache, für Vitamin D fast auf das 4-fache. Auch für die Mineralstoffe Calcium, Magnesium, Eisen, Zink, Kupfer und Selen gibt es spezielle Empfehlungen.

Nach der OP 200% für die meisten Vitamine

In der Leitlinie wird auch darauf hingewiesen, dass es günstiger ist, die Stoffe in einer leichter verfügbaren chemischen Verbindung aufzunehmen als in den meisten handelsüblichen Supplementen. Zum Beispiel: Calcium und Magnesium werden meistens als Carbonat angeboten, der Körper kann es aber leichter aus einer anderen chemischen Verbindung (Citrat) aufnehmen.

Na, schwirrt dir der Kopf von den vielen Feinheiten? Ganz ehrlich: mir geht es auch so – und ich habe zumindest im Studium gelernt, mich mit solchen Feinheiten auseinanderzusetzen.

Wenn du Lust hast, dich im Drogeriemarkt und der Apotheke durch die Angebote zu arbeiten und bereit bist, viele Einzelstoffe einzunehmen, ist das eine machbare, aber ziemlich zeitaufwändige Sache. Und erfahrungsgemäß ist es meistens auch nicht billiger.

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Spezialfirmen für Supplemente nach der OP

Es gibt im deutschsprachigen Raum einige Firmen, die sich auf die Herstellung bzw. den Vertrieb von Supplementen nach der Adipositas-OP spezialisiert haben. Die Produkte sind so zusammengestellt, dass du mit möglichst wenigen Portionen pro Tag auf den Bedarf kommst, der für deine OP-Methode empfohlen wird. Das macht es für viele Operierte einfacher.  Damit ich rechtlich korrekt handle, kennzeichne ich das mal ausdrücklich als Werbung, wenn ich die Namen jetzt hier nenne. Alle Firmen stellen mir Proben Ihrer Supplemente zu Verfügung, um sie meinen KlientInnen zeigen zu können. Geld bekomme ich von keinem.

Fit form Me https://www.fitforme.de/

Bariatric Advantage: https://www.bariatricadvantage.eu/de/

WLS-Products: https://www.wlsproducts.de/

Celebrate: https://celebratevitamins.de/

Elan: https://www.elan-products.nl/de/

Außerdem gibt es mittlerweile auch beim großen Online-Versnadhaus einige Anbieter, deren Zusammensetzung den Anforderungen nach der bariatrischen OP entsprechen. Such mal unter dem Stichwort „Supplemente bariatrische OP“.

Da jede Firma ihre speziellen Eigenschaften hat, macht es Sinn, bei allen mal vorbeizuschauen und sie zu probieren. Alle verschicken kostengünstige oder Gratis-Proben (teilweise erst kurz vor der OP).

 

4 – (Wie) krieg ich die runter, wenn mir Tabletten schlucken schwerfällt?

Welche Form (im wahrsten Sinne des Wortes) der Supplemente für dich am besten ist, kannst du gut schon vor der OP testen.

Wenn du die klassischen Kapseln oder Tabletten nicht gut schlucken kannst, gibt es die verschiedensten Alternativen. Ob du lieber Kautabletten magst, die eine Konsistenz wie Traubenzuckerbonbons haben oder Lutschtabletten wie Bonbons, ob du lieber Pulver zum Streuen oder sogar „Kaubonbons“ möchtest – die Auswahl ist riesig.

Alle Präparate, die nicht direkt zum schlucken sind, sind gesüßt. Ob du mit einem Süßstoff oder mit Stevia besser zurecht kommst: teste es bitte aus.

Frag doch mal in deiner Selbsthilfegruppe oder bei Bekannten, die schon operiert sind, ob du von ihren Supplementen mal Einzelne zum Testen bekommen kannst.

Wichtig: schreib dir genau auf, welches Produkt du getestet hast. Damit du wirklich daran denkst, kannst du dir hier eine Checkliste herunterladen.

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Doch, ich finde es sinnvoll, sie vorher zu testen

Mit der Empfehlung, sie schon vorher zu testen, ernte ich manchmal Widerspruch von VertreterInnen von Selbsthilfegruppen und sogar von VertreterInnen der Spezialfirmen. Deren Begründung dafür, sie erst hinterher zu testen: „Der Geschmack und die Vertägilichkeit ändern sich nach der OP sowieso. Deshalb macht es vorher keinen Sinn.“ Das sehe ich teilweise anders.

  1. verschaff dir jetzt einen Überblick darüber, was es alles gibt. Die Angebote sind erstmal verwirrend und vor der OP hast du Zeit und  Ruhe zu sichten, was es alles gibt. Ich sitze in er Beratung manchmal mit meinen KlientInnen vor den „Bonbon-Tüten“  und wir sortieren, was was ist. Daskurz nach der OP zu machen, wenn du mit „gesund werden“ beschäftigt bist, ist für viele eine Überforderung.
  2. es geht mir nicht darum, dass du die Supplemente schon vorher regelmäßig nimmst, sondern dass du einen „Sympathie- und Vertäglichkeitstest“ mit einzelnen Tabletten/Kapseln/Softchews machst. Wenn du dabei feststellst, dass dir eins entweder richtig ööörgs schmeckt oder es dir nach der Einnahme nicht gut geht, macht es doch Sinn, dieses Präparat nach der OP nicht als Erstes zu testen.

Also mein Tipp: orientiere dich vorher auf den Seiten, finde heraus, was für dich von heute aus betrachtet am besten funktioniert und lege das entsprechende Probe-Paket bereit, damit du es einige Wochen nach der OP „ernsthaft“ testen kannst.

5 – Was kosten die Supplemente und zahlt das die Kasse?

Wenn man alles für die „Basis-Vitaminversorgung“ zusammenrechnet, brauchst du regelmäßig ein Multivitamin-Präparat, Calcium, Vitamin D und evtl. Vitamin B12. Ob noch weitere Mineralstoffe wie z.B. Eisen oder Folsäure dazu kommen, besprichst du immer mit deinem Adipositas-Zentrum. Wenn du realistisch rechnest, kannst du pro Monat ca. 25 bis 30 € einplanen. Die „einfachen“ Präparate (Tabletten, Kapseln) sind meistens günstiger als die „bunten mit Geschmack“. Weil die Spezialfirmen unterschiedliche Preis- und Abo-Modelle haben und du von den Drogerie-Produkten oft viel mehr nehmen musst, darfst du für deinen speziellen Fall immer nochmal genau nachrechnen.

Supplemente zählen als Lebensmittel

Supplemente gelten rechtlich nicht als Medikamente, sondern als Lebensmittel. Und die zahlt dir keine Kasse. Wenn das, was in deiner Schachtel steckt, also so dosiert ist, dass es den normalen, von der Wissenschaft festgelegten Bedarf nicht wesentlich überschreitet, ist es ein Nahrungsergänzungsmittel und du musst es selber kaufen.

Leider ist das bisher unabhängig davon, wie gering dein Einkommen ist. Falls du staatliche Leistungen beziehst, kannst du versuchen, einen Zuschuss-Antrag für die Mehrkosten zu stellen. Hier ein besipielhaftes Urteil des Landessozialgerichts Bremen, in dem einer Bezieherin von ALG II ein Mehrbedarf zugesprochen wurde.  Aber soweit ich im Moment weiß, bleibt es schwierig, für Supplemente Zuschüsse zu erhalten.

Bei Mangel können Spezialpräparate verschrieben werden

Es gibt einige wenige Ausnahmen. Wenn du einen nachgewiesenen Mangel hast, der nur durch ein therapeutisch hoch dosiertes Präparat zu beheben ist gilt es als Arzneimittel und ist verschreibungspflichtig. Das passiert manchmal bei Vitamin D oder Eisen. Das Ganze ist ziemlich kompliziert, wie du in diesem Artikel am Beispiel von Vitamin D nachlesen kannst: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/05/31/wann-ist-vitamin-d-ein-arzneimittel

Wenn es also im Rahmen einer medizinischen Behandlung notwendig ist, trägt in der Regel deine Krankenkasse die Kosten.

 

Fazit: So findest du die besten Supplemente für die Adipositas-OP

Wir fassen nochmal zusammen, was du tun kannst.

  • Kläre mit deinem Adipositaszentrum, welche Werte du bei einer Blutuntersuchung feststellen lassen sollst und besprich das Ergebnis mit deinem AZ oder Arzt.
  • Wenn ein Vitamin im Mangel ist, fülle in Absprache deine Vitamin- und Mineralstoff-Speicher vor der OP auf.
  • Besorge dir Proben von Mulitvitamin- und Calcium-Präparaten von Spezialherstellern (evtl. auch von Eisen und Vitamin B12) und schreibe dir auf, was dir gut bekommt. Wenn du Schwierigkeiten mit der Verträglichkeit hast oder auf eine preiswerte Alternative angewiesen bist, forsche im Drogeriemarkt oder der Apotheke nach Multivitaminen, die so dicht wie möglich an die Empfehlungen kommen.

Deshalb lohnt es sich, regelmäßig Supplemente zu nehmen

Ich weiß, dass das ganz schön viel kümmern ist. Damit du weißt, wofür es sich lohnt, erzähle ich dir am Schluss von einer Bekannten, die seit einigen Jahren einen Magenbypass hat und gerade eine etwas tiefere Wunde selber versorgt.

Bei der Routinekontrolle wunderte sich die Ärztin, dass die Heilung sehr gut verläuft, weil sie häufig erlebt, dass Adipositas-Operierte damit Schwierigkeiten haben. Ohne das wissenschaftlich beweisen zu können: Meine Bekannte ist sich ziemlich sicher, dass ihre regelmäßigen Vitamine dazu beigetragen haben. Was mich sehr für sie freut.

Ich wünsche dir, falls du noch in der Vorbereitungs- und Orientierungsphase vor der Magenverkleinerung steckst, viel Optimismus und Ausprobier-Lust. Und wenn du schon länger operiert bist, kannst du vielleicht nochmal überprüfen, dass du hoffentlich alles richtig gemacht hast.