Trinken kannst du schon vor der Magenverkleinerung üben

– meine Testwoche Teil 1

Nach einer Adipositas-OP verändert sich das Essen und Trinken radikal. Dein Magen und bei einigen Operationsmethoden auch dein Darm wird komplett „neu gestaltet“, damit du wirklich dauerhaft abnimmst. Die Ernährungsberatung in der Vorbereitungszeit unterstützt dich dabei, schon einige Verhaltensweisen einzuüben. Ein Beispiel, an dem das besonders gut funktioniert, ist die Neugestaltung deines Trinkplans.

Ich habe mal eine Wochen lang  die Empfehlungen, die ich zum Thema trinken weitergebe, selber umgesetzt. Dabei ist die „Übung“, anders zu trinken als bisher, einfach und schwierig gleichzeitig. Einfach, weil die Regeln und Empfehlungen ziemlich klar sind. Andererseits  schwierig, weil du nur selten eine körperliche Reaktion merkst, wenn du dich nicht daran hältst. 

Ich habe jeden Tag ein kurzes, ganz subjektives Stimmungsvideo gemacht. Hier kommen meine Erfahrungen der ersten 4 Tage, an denen ich die ersten Empfehlungen umgesetzt habe: Trinken ohne Kohlensäure und in drei Schritten das Trennen von Essen und Trinken. 

 

 

Tag 1: kohlensäurefreie Getränke

Die Empfehlung für die Getränke nach der OP lautet ja: nur noch kohlensäurefreie Getränke. Ich diskutiere hier mal nicht, ob das Sinn macht (obwohl diese Regel von vielen Operierten nicht unbedingt eingehalten wird , dazu kannst du meine Erfahrung und Meinung hier lesen) , sondern habe mich einfach mal daran gehalten. Und stand dabei schon vor der erste kleinen Hürde: beim Abendessen „musste“ ich zu einem Bier nein sagen, das mein Mann mir vor die Nase gestellt hat. Als wollte das Leben schon einen ersten Test machen, ob ich es ernst meine. Motiviert, wie ich war, fand ich das zum Glück ganz einfach. 

Aufgefallen ist mir schon, dass stilles Wasser höchstens meine zweitliebste Variante ist. Oder anders ausgedrückt: ich kann es zwar trinken (das fällt einigen meiner KlientInnen so richtig schwer!), aber wenn ich es mir aussuchen kann, nehme ich immer Wasser mit Kohlensäure. Also schon wieder eine Einschränkung! Um den Geschmack ein bißchen aufzupeppen, habe ich mir Zitrone in meinen Wasserkrug getan. Dann ging´s ganz gut. 

 

Tag 2:

nach der Mahlzeit 30 Minuten Trinkpause

 

Das war schon schwieriger. Ich hatte während des Frühstücks vergessen, außer meinem Kaffee (den wegzulassen habe ich noch ein bißchen verschoben…) noch ein Glas Wasser zu trinken – und habe sehnsüchtig gewartet, dass der 30-Minuten-Timer klingelt. Weil ich wirklich Durst hatte. Wieder eine kleine Umbequemlichkeit, die ich gemeistert habe! Stimmung: wie bei Bob dem Baumeister: jau, wir schaffen das!

Nachdem ich am ersten Tag zu Hause war, wo ich ja alles habe, was ich brauche, war am 2. Tag etwas mehr Planung angesagt. Erst stand ein Besuch bei meinen Eltern an und und abends war ich zum meinem Abi-Jubiläumstreffen verabredet. Im Restaurant auf einer Party nur Wasser trinken?  Ehrlich: den Gedanken, da sagten zu müssen: “ Für mich bitte eine große Flasche stilles Wasser“ fand ich ein bißchen uncool. So ein bißchen nach Spaßbremse….

Im Video erzähle ich, wie es dann tatsächlich war…

 

Nachmittags habe ich noch eine andere Test-Situation erlebt. Bei einer Veranstaltung in der Kirchengemeinde bei meinen Eltern gab es nur Säfte und Mineralwasser – und sie waren seeeehr gastfreundlich. Drei- bis viermal kamen nette Menschen mit Flaschen auf mich zu und haben mir etwas angeboten. Dabei jedesmal „Nein, danke.“ zu sagen fühlte sich unhöflich an – zumal ich tatsächlich Durst hatte und an meiner mitgebrachten lauwarmen Flasche rumgenuckelt habe. Auch das kann man hinbekommen, aber es war immer wieder so einkleiner Stolperstein. 

Meine Erkenntnisse von der Party am Abend waren da viel erfreulicher:

1. große Flaschen Wasser zu bestellen war etwas völlig Normales. Es war Hochsommer und viele mussten fahren. Außerdem waren wir so damit beschäftigt, uns zu erzählen, was sich seit dem letzten Abitreffen vor 5 Jahren so alles getan hat, dass  trinken nicht so wichtig war.

2. ich schiele natürlich auch ein bißchen nach rechts und links, was die anderen so trinken. Nein, ich mache meine Trink-Entscheidungen nicht davon abhängig. Aber es fühlt sich einfach schöner, zusammengehöriger an, wenn es mehrere gibt, für die dieselben Getränke normal sind. Wenn ich mir vorstelle, dass für die meisten viel Bier, Wein oder sonstiger Alkohol zu einem gelungenen Abend dazu gehören, hätte mir die Außenseiterrolle nicht besonders gefallen.

 

Tag 3:

Trinkpause vor der Mahlzeit 

Auch vor der Mahlzeit solltest du eine halbe Stunde lang nichts trinken. Die Erklärung: im kleinen Magen soll genug „Platz“ für die empfohlene Essensmenge sein. Außerdem kann es vorkommen, dass das Essen zu schnell in den Dünndarm weiterrutscht, wenn es zu stark verflüssigt wird.

Im echten Leben war es am Morgen nach meiner Party gar nicht so einfach. Ich habe lange geschlafen, war dann ziemlich hungrig und musste mich entscheiden, ob ich erst frühstücke oder erst trinke. Eins geht nur. Also wieder: nach dem Frühstück mit leicht hängender Zunge darauf warten, dass ich trinken darf.

 

Am nächsten Tag war meine Stimmung richtig blöd. Von Außen betrachtet ist es zwar ganz normal, dass es bei einer Umstellung von langen Gewohnheiten nach einigen Tagen „ruckelt“. Das hatte ich an diesem Tag aber gar nicht bemerkt. Wenn du also selber in der Testphase für eine Ernährungsumstellung bist, kannst du dich bei extrem schlechter Laune mal fragen: „An welchem Tag der Umstellung bin ich? Ach so,  die Anfangseuphorie ist vorbei, jetzt merke ich die Herausforderungen.“ Und im besten Fall machst du dir noch einmal klar, warum du diese Umstellung machst, nickst dir noch einmal freundlich zu und machst weiter. 

Ich hatte mir für diesen Tag eine Veränderung vorgenommen, von der ich wusste, dass sie mir schwerfällt:

 

 

Tag 4:

keine Getränke zur Mahlzeit (nein, auch kein Kaffee, seufz!)

 

Damit habe ich mich so richtig schwer getan und hatte entsprechend schon beim Aufwachen schlechte Laune. An solchen Tagen ist es auch oft schwierig, das zu registrieren, was gut klappt. Immerhin hatte ich jetzt direkt nach dem Aufstehen Wasser getrunken, so dass ich nicht wirklich durstig war. Aber auf eine wirklich liebe Gewohnheit zu verzichten, wenn ich nicht wenigstens im Gegenzug irgendein direktes Erfolgserlebnis habe, ist mir wirklich schwer gefallen. Nie wieder Milchkaffee zum Frühstück? Nicht schön.

An diesem doofen Tag habe ich noch einmal gemerkt, dass zumindest ich so ticke, dass mir große Veränderungen wirklich Angst machen. Und dass das Einüben von neuen Gewohnheiten beim essen bzw. trinken um so schwieriger sind, je mehr Stress ich im Alltag habe.

 

Im nächsten Artikel beschreibe ich dir meine Erfahrungen in den folgenden Trink-Test-Tagen. Z. B. wie ich es hinbekommen habe, mit einer kleinen Umstellung meiner Gewohnheit meine Laune wieder zu verbessern, über welche Situationen ich noch gestolpert bin und am Ende bekommst du noch eine Zusammenfassung/Checkliste für deine eigene Trink-Umstellung. 

Wenn du auf Facebook bist und dich dazu austauschen möchtest, lade ich ich dich in meine Gruppe „Adipositas-OP – mein Weg?“ ein. Dort moderiere ich einen freundlichen Gedanken-Austausch für Operierte und Betroffene, die überlegen, ob eine OP für sie ein hilfreicher Weg sein kann. 

Wie waren oder sind deine Erfahrungen mit dem Trennen von Essen und Trinken und den „Trink-Spielregeln“: wie wichtig ist es in deinem Ess-Alltag? Tut es dir gut, und fällt es dir leicht, sie einzuhalten? Oder haben sie sich für dich als nicht so wichtig herausgestellt?