So überwachst du deine Blutwerte richtig und findest die besten Vitamin-B12-Präparate

Eines der Themen, die dich nach deiner Adipositas-OP ein Leben lang begleiten, ist die Versorgung mit Vitaminen. Durch die Entfernung bzw. „Stilllegung“ eines großen Teil des Magens wird es viel schwieriger, genug dieser Mini-Nährstoffe aufzunehmen. Das Vitamin B12 spielt dabei eine besondere Rolle. Im letzten Artikel habe ich beschreiben, welche Veränderungen dazu führen, dass du ohne Zusatzpräparate Gefahr läufst, Mangelerscheinungen zu bekommen. Und hier kannst du lesen, mit welchen „Tricks“ du dafür sorgen kannst, dass Vitamin B12 doch in ausreichender Menge in deinen Körper gelangt, so dass du gut versorgt bist und das Schreckgespenst von Nervenschäden, Depressionen und gestörter Blutbildung seinen Schrecken verliert.

Ohne Intrinsic Factor droht nach der Magenverkleinerung ein Vitamin-B12-Mangel

Wir erinnern uns: mit der OP wird der Teil deines Magens entfernt oder stillgelegt, der den so genannten Intrinsic Factor produziert. Dieses Co-Enzym sorgt erst dafür, dass das Vitamin B12 aus der Nahrung aufgenommen werden kann. Die Folge: deine körpereigenen Speicher leeren sich im Laufe der Zeit und es droht ein schleichender Mangel. Hier kannst du es nochmal genauer nachlesen. Was kannst du also tun, wenn du entweder den Verdacht hast, dass dein B12-Spiegel zu niedrig ist oder wenn du sicherstellen willst, dass es erst gar nicht so weit kommt?

Blutwerte: B12-Wert ist allein nicht aussagekräftig

Das ist eine prima Gelegenheit, dich einmal mit einigen Feinheiten deines Blutbildes vertraut zu machen. Die Messung des Vitamin-B12-Spiegels gehört zu den empfohlenen Untersuchungen, die du im 1. Jahr nach der OP  2-3 Mal und danach jährlich wahrnehmen solltest.

Ein Wert von über 400 pmol/l gilt erst einmal als normal. Aber Achtung: der B12-Spiegel im Blut sinkt im Blut erst sehr spät ab und ohne einige zusätzliche Marker kann man einen Mangel auf diesem Weg nicht (früh genug) feststellen. Leider ist eine routinemäßige Messung dieser anderen Stoffe in der Leitlinie nicht genannt.

Holo-TC – der Blutwert, der einen Vitamin B12-Mangel früh anzeigt

Der Stoff, an dem sich ein Mangel am frühesten erkennen lässt, heißt Holotranscobalamin, abgekürzt Holo-TC. Du solltest auf jeden Fall darum bitten, dass dieser Wert genommen wird. Wenn er über 50 pmol/l liegt, ist wahrscheinlich alles okay, alles unter einem Wert von >35 pmol/l deutet auf eine Entleerung der B12-Speicher hin.

MMA und Hcy warnen vor leeren B12-Speichern

Wenn der Mangel schon fortgeschritten ist (und das kann durchaus einige Jahre dauern, wenn du mit gut gefüllten Speichern in die OP gestartet bist), geben auch die Methymalonsäure, kurz MMA und das Homocystein, das meist mit HCY abgekürzt wird, weitere wichtige Hinweise. Wenn diese beiden Werte erhöht sind (MMA über 300 nmol/l und Homocystein über 12 µmol|l), kann auch das ein Hinweis sein.

Zusammenspiel mit anderen Vitaminen beachten

Um das Ganze noch etwas komplizierter zu machen: leider wirken auch sowohl andere Erkrankungen als auch die Einnahme von weiteren Vitaminen auf die beschriebenen Blutwerte und das kann es schwieriger machen, die Werte richtig zu verstehen. Der Homocysteinwert hängt z.B. auch von Folsäure und Vitamin B6 ab, so dass eine Erhöhung von Hcy auch durch ein Missverhältnis zwischen B12 und Folsäure entstehen kann. Oder der MMA-Wert wird auch bei Nierenproblemen erhöht. Aber meistens sind dann auch noch weitere Werte auffällig, so dass deine Ärztin/dein Arzt das unterscheiden kann.

 

Als Zusammenfassung kannst du dir merken:

Um einen sich anbahnenden B12-Mangel gut im Blick zu haben, sollte neben dem B12-Spiegel das Holo-TC gemessen werden, bei Vorliegen von Symptomen auch das MMA und das Homocystein.

Die Warnfaktoren für einen Vitamin B12-Mangel sind

im Frühstadium: B12 im unteren Normalbereich und/oder Holo-TC erniedrigt

später: MMA und Homocystein erhöht

Wenn du die Hintergründe noch etwas genauer nachlesen willst, sind häufig die Merkblätter von Laboren, so wie dieses ganz hilfreich.

 

Wie kommt B12 in den Körper, wenn kein Intrinsic Factor (IF) mehr da ist?

Vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich gar nichts darüber geschrieben habe, in welchen Lebensmitteln Vitamin B12 enthalten ist. Und wer mich kennt, weiß, dass ich deshalb Ernährungswissenschaftlerin bin, weil ich echtes Essen für die beste Nährstoffquelle halte.

Aber wenn wir nochmal auf die Besonderheit nach der Magenverkleinerung schauen, wird klar, dass die Essen in deinem Fall für die B12-Aufnahme gar keine Rolle spielt, weil deinem Körper die „Aufnahmehilfe“ Intrinsic Factor fehlt. Da kannst du Fleisch, Fisch und Eier essen, bis sie dir zu den Ohren wieder rauskommen – im Bezug auf deine Eiweißversorgung und weitere B-Vitamine ist das super, aber das B12 kommt trotzdem nicht im Körper an.

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Zum Glück gibt es für dieses Dilemma mehrere Lösungen, von denen 2 sogar ganz einfach im Alltag anzuwenden sind.

Vitamin-B12-Aufnahme-Trick 1: Menge

Wenn eine Riesen-Menge an Vitamin B12 durch deinen Darm gespült wird, entscheidet sich die Darmwand im Ileum dann doch, eine nennenswerte Menge auch ohne die Transporthilfe IF durchzulassen. Du erinnerst dich an den Chemie-Unterricht? Das nennt man Diffusion. Also gilt in diesem Fall wirklich mal: viel hilft viel.

Vitamin-B12-Aufnahme-Trick 2: der Umweg

Der zweite Ersatz-Aufnahmeweg führt über deine Mundschleimhaut. Wenn du ein Vitamin-B12-Präparat zum Lutschen oder Kauen wählst, diffundiert auch auf diesem Weg genug in deinen Körper. Wenn es einmal „drin“ ist, verteilt es sich von allein weiter. Also gilt für diesen Fall das, was du aus meinen Beratungen sowieso kennst: langsam und genüsslich lutschen oder es gut kauen. Da bekommt „sich etwas auf der Zunge zergehen lassen“ doch gleich eine ganz neue Bedeutung ;).

Vitamin-B12-Aufnahme-Trick 3: per Spritze

Manchmal reicht die Aufnahme über den Mund trotz einer sehr hohen Dosis nicht aus – oder du gehörst zu den Menschen, die sowieso häufiger in Arztpraxen sind und froh sind, ein Präparat weniger schlucken zu müssen. Dann können Spritzen ein guter Weg sein. Dieser Weg ist der direkteste, mit der Injektion kannst du sicher sein, dass das es auch wirklich im Körper ankommt. Dafür brauchst du entweder deine Arztpraxis oder eine gute Schulung darin, dir das Vitamin selbst per Spritze zu geben. Es wird empfohlen, es nicht einfach so in Eigenregie zu machen. Warum das gefährlich sein kann, siehst du weiter unten.

Wie viel B12 muss mein Multivitamin enthalten?

Beim Blick auf die Packungen der verschiedenen Vitamin-Präparate wird schnell klar, wo der Unterschied liegt zwischen den Produkten aus Drogerie und Apotheke und den Spezialpräparaten, die gezielt auf die Anforderungen nach der Adipositas-OP ausgerichtet sind. Ich habe beim ersten Lesen an einen Tippfehler gedacht, als ich „enthält 14000% der empfohlenen Aufnahmemenge“ gelesen habe. Aber nach einem Blick in die Leitlinie Adipostiaschirurgie war mir klar: das stimmt so. Dort werden 1000µg für die Aufnahme über den Mund empfohlen (Menschen mit einem kompletten Magen-Darm-Trakt brauchen 4 µg).

Für die Aufnahme per Spritze heißt es in der Leitlinie:

„Da Vitamin B12 nur zu 1-5% intestinal resorbiert wird, ist eine intramuskuläre Applikation mit 1000-3000 µg alle 3 bis 6 Monate vorzuziehen…“ S. 126

Das ist schon ein ganz schön große Spanne. Die AutorInnen der Leitlinie weisen auch darauf hin, dass die Datenlage es schwer macht, eine zuverlässige Dosis anzugeben. Das macht mir immer wieder klar, dass Menschen nun mal keine Maschinen sind und du deinen Status regelmäßig überprüfen lassen solltest. Denn…

Kann ich Vitamin B12 überdosieren?

Theoretisch ja, praktisch kommt es sehr selten vor und hängt es fast immer von der Aufnahme-Form ab.

Wenn du Vitamin B12 über den Magen-Darm-Trakt einnimmst, „schwimmt“ das meiste ja sowieso wieder raus, weil es kaum aufgenommen wird. Es zählt zu den wasserlöslichen Vitaminen, da geht man davon aus, dass auch hohe Dosierungen nicht schaden. Einen zu hohen Blutwert zu erreichen, ist mit Tabletten äußerst unwahrscheinlich. Nur wenn du Nierenprobleme hast, besprich bitte mit deineR ÄrztIn, worauf du achten musst.

Bei Spritzen ist eine Überdosierung möglich

Vorsicht ist aber beim Spritzen geboten. In seltenen Fällen kann es zu allergischen Reaktionen oder zu einer Überlastung der Leber kommen. Deshalb ist es wichtig, dass du dich bei den ersten Malen unbedingt in ein sicheres Umfeld (= die Arztpraxis) begibst und dich gut schulen lässt, falls du dir die Spritzen selber geben willst.

So viel B12 enthalten die gängigsten Multivitamine

Ich habe mal die gängigsten Präparate der Hersteller von Spezial-Vitaminen für Adipositas-Operierte und einige allgemein erhältliche Multivitamine angeschaut.

In der Gruppe der „normalen“ Präparate orientiert sich der Gehalt an Vitamin B12 natürlich am Bedarf von Menschen mit einem kompletten Magen-Darm-Trakt und enthält entsprechend für dich nach der OP viel zu wenig.

Wenn du dich für ein Multivitamin aus dem Drogeriemarkt oder der Apotheke entscheidest, brauchst du noch ein spezielles B12-Präparat extra.

Ob du tatsächlich, wie in der Leitlinie empfohlen, 1000µg pro Tag nimmst, kannst du entweder von deinen gut überwachten Blutwerten abhängig machen – oder dich am Gehalt der Spezial-Präparate orientieren. Die liegen mit einigen Ausnahmen im Bereich von 350-500µg pro Tagesdosis, also geringer als in der Leitlinie empfohlen. Aber alle Firmen bieten auch hochdosiertes Vitamin B12 als Einzelpräparat an, so dass du es bei Bedarf ergänzen kannst.

Erfahrungen von Profis – danke an meine Community

Ich hoffe, dass du mit diesen Hintergrund-Infos und Tricks ein gutes Gespür dafür bekommst, wie du deine persönliche Vitamin-Versorgung sicherstellen kannst. Bei allem Vertrauen, dass du in deine behandelnden ÄrztInnen haben solltest, finde ich es immer hilfreich, wenn du als BetroffeneR selber weißt, worauf du achten kannst, damit du auch Jahre nach der Entscheidung, deine Adipositas mit Unterstützung der OP zu bewältigen, gesund und fit bleibst.

Mein Dankeschön am Schluss geht an meine wunderbare Facebook-Gruppe Adipositas-OP mein Weg. Dort lerne auch ich als Beraterin immer wieder von Profis, nämlich den Langzeit-Operierten, die bereitwillig immer wieder ihre Erfahrungen teilen. Und von den Profis in Ausbildung, den frisch Operierten oder denjenigen, die sich noch auf die OP vorbereiten. Durch ihre Fragen bekomme ich immer wieder meine „Forschungsaufträge“ und kann die Empfehlungen, die ich gebe, immer weiter verfeinern. Sie tragen einen großen Teil dazu bei, dass meine Beratungen vor und nach der OP für meine KlientInnen und mich so richtig gut werden.

Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg durch den Vitamin-Dschungel und freue mich, wenn du deine Erfahrung in den Kommentaren mit uns teilst.