So steigst du aus dem Gedankenstress aus

 

Gewichtsstillstand ist eines der großen Schreckgespenster nach der Adipositas-OP. Eine Horrorvorstellung. Da hast du nun die ganze aufwändige Vorbereitung mit Ernährungsberatung., Bewegungsprotokoll und jede Menge Untersuchungen auf dich genommen, um die Voraussetzungen für die Magenverkleinerung zu erfüllen.
Damit sollte etwas klappen, womit du jahrzehntelang gescheitert bist: dauerhaft Gewicht verlieren. Viel mehr Gewicht, als sich Normalgewichtige vorstellen können. Wie viel sollte es bei dir sein –  40, 60 oder sogar mehr als 80 kg, damit du in einen Gewichtsbereich kommst, der annähernd normal ist? Da ist der Gedanke natürlich unangenehm, dass der Zeiger auf der Waage sich nicht nach unten bewegt. Ach was, unangenehm: es kann so richtig Angst machen – ob es auch diesmal wieder am Ende so ist, dass du wieder so richtig dick wirst.

Mit diesem Artikel möchte ich dich beruhigen. Es gibt einige „Denkfehler“, die ganz viele Menschen nach der Adipositas-OP machen. Das ist normal, du kennst es ja nicht anders. Aber mit einem genauen Blick auf dieses Irrtümer lösen sie sich fast von allein auf. Hier sind sie:

 

Irrtum 1: du verwechselst langsam mit Stillstand

Mit 140 kg ins Krankenhaus zu gehen und fünf Tage später mit 130 kg nach der Adipositas-OP entlassen werden – das ist beeindruckend! Das merken wir uns, wenn es jemand in der Selbsthilfegruppe erzählt oder wir es in einer Facebook-Gruppe lesen.

Auch in den ersten Monaten nach der OP ist es ja nicht ungewöhnlich, dass die Waage wöchentlich 1-2 Kilo weniger anzeigt. Pro Monat 5 Kilo – so muss das sein, mindestens! Daran kann man sich gewöhnen. Das sieht man auch an der Kleidung, an Bauch, Armen, Beinen, Hüften, im Gesicht…

Nach und nach kehrt ein neuer Alltag ein. Du kannst wieder etwas mehr essen, weißt, was du verträgst, hast hoffentlich einen neuen Rhythmus gefunden. Irgendwann denkst du: „Komisch: diesen Pulli oder diese Hose trage ich schon seit Monaten. Müsste der nicht schon längst zu groß sein? Und angesprochen hat mich auch schon länger niemand mehr , von wegen: „hey, DU hast aber abgenommen? „….und aus dem Hinterkopf schleicht sich wieder die alte Sorge an: „Was, wenn es nicht mehr weitergeht? Da passiert ja gar nichts mehr auf der Waage!“ Wenn aus der Sorge so richtig panikartiege Gefühle werden, habe ich in diesem Artiekl ein paar schöne beruhigende Übungen für dich gesammelt.

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…und dann verändert sich das Tempo

Wenn die Termine bei der Ernährungsberatung nicht mehr jeden Monat stattfinden, höre ich nach der Begrüßung oft: „Es hat sich gar nichts mehr getan auf der Waage!“ Wenn ich dann nachfrage: „Also immer noch xx kg?“, ernte ich oft erstaunte Blicke. „Ach so…nein, es sind schon wieder 3 kg runter, seitdem ich zum letzten Mal hier war.“  Und oft merken wir dann, dass er oder sie vergessen hat, regelmäßig aufzuschreiben, was die Waage anzeigt. Und so die kleineren Gewichtsschritte gar nicht richtig registriert hat.

Anti-Stillstand-Tipp 1: Schreib dir regelmäßig auf, wie viel du tatsächlich abgenommen hast. Am besten schreibst du dir ganz oben in deine Gewichstabelle. wie viel du ganz am Anfang deines Weges gewogen hast. Damit erinnerst du dich auch daran, was du schon alles erreicht hast.

Nach der Anfangs-Stress-Zeit ist ein Körper darauf bedacht, ein Gleichgewicht herzustellen. Dazu gehören längere Pausen-Phasen genauso wie ein angepasstes Tempo: anfangs schnell, später langsam. Und noch später noch langsamer.

Die starke Gewichtsabnahme, die viele in den ersten Monaten erleben, ist die Ausnahmezeit, nicht das Standard-Tempo!  0,5 bis 1 kg im Monat verkraftet ein System auf Dauer besser als den „Raubbau“, der in den ersten Wochen passiert.

 

Die Gewichtsabnahme nach der OP verläuft oft in „Stufen“!

Das ist sozusagen Irrtum 1 a: wir stellen uns die Gewichtsabnahme gern als grade Linie vor: in einem Jahr jede Woche 1,5 Kilo (oder 2 oder wie viel es von deinem Startgewicht aus auch immer sind) = Zielgewicht erreicht. Dabei vergessen wir oft, dass unser Körper keine Maschine ist, sondern wir lebendige Wesen sind.

Am Anfang geht es meistens tatsächlich sehr schnell mit der Abnahme. So war es ja auch früher am Anfang einer Diät: je radikaler die Veränderungen im Vergleich zu deinem bisherigen Essen waren, desto eher war dein Körper bereit, schnell zu reagieren und 1-3 Kilo pro Woche abzunehmen.

Und eine OP ist da noch radikaler als alles, was du bisher gemacht hast (radikal heißt: an die Wurzel gehend). Bei einer solchen Riesenveränderung fokussiert sich der Körper erstmal darauf, überhaupt wieder funktionsfähig zu werden: die Nähte müssen heilen, ein neuer Verdauungsrhythmus soll die bestmögliche Versorgung sicherstellen.

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Eigentlich ist die rasche Abnahme eher eine Notmaßnahme des Körpers. Und es ist nicht natürlicherweise das Ziel deines Körpers, in Rekordzeit etwas so Abstraktes wie „Normalgewicht“ zu schaffen. Das natürliche Ziel eines Körpers ist eher: konstant dafür sorgen, dass der Mensch, der in mir wohnt, möglichst gut überleben kann.

 

 

 

Irrtum 2: du erwartest, dass es bei dir genauso verläuft wie bei „allen anderen“

Ich vermute, dass du vor der OP schon intensiv gelesen und dich umgehört hast, welche Erfahrungen andere mit der OP gemacht haben. Und dir typische Aussagen gemerkt hast. Zum Beispiel:

  • Im Krankenhaus nimmt man schon 10 kg ab.
  • In den ersten Monaten sollte man 4-5 Kilo im Monat abnehmen.
  • Nach einem Jahr sollte man das Zielgewicht erreicht haben.
  • Man hat nach der OP keinen Hunger mehr.
  • Man sollte 3 (4,5,6) Mahlzeiten essen.

Und unser Gehirn funktioniert nun mal so, dass wir uns griffige, einfache Aussagen leichter merken als komplizierte Sachverhalte. Und dass wir das, was entweder unsere größten Wünsche oder unsere größten Ängste füttert, besser im Gedächtnis behalten.

Deine Situation ist nicht vergleichbar!

Was du dabei möglicherweise vergisst: du kannst deine Situation fast nie komplett mit anderen vergleichen. Zum Beispiel beim Thema „Gewichtsabnahme direkt nach der OP“: es KANN sein, dass du nichts oder nur ganz wenig abnimmst. Vielleicht weil du die Narkose anders verarbeitest als der Durchschnitt. Vielleicht weil du mehr oder weniger trinkst als der Durchschnitt. Weil du andere Medikamente nimmst als der Durchschnitt. Vielleicht weil du in der Vorbereitungsphase schon 20 Kilo abgenommen hast. Oder in der Eiweißphase 10.

Und es kann sein, dass du nicht rausfindest, warum dein Körper einfach anders „tickt“ als andere. Besonders in Zeiten, in denen du vom Essverhalten her eigentlich nichts „falsch“ machen kannst wie im Krankenhaus, wo du komplett versorgt wirst.

Anti-Stillstand-Tipp 2: sei vorsichtig mit Vergleichen. Frag bei allen Erfahrungen nach: was ist anders als bei mir als bei der Person, die mir das gerade erzählt?

Übrigens: Wenn du herausfinden willst, ob dein Gewicht deswegen steht oder sich nur langsam verändert, weil du etwas Wichtiges nicht berücksichtigst, lade dir gern die „Checkliste Gewichtsstillstand“ herunter:

 

 

 

Sonderfall: die erste Zeit nach einer Umbau-OP

Vielleicht hast du es bei deiner ersten OP – meistens ein Magenband oder einen Schlauchmagen – so erlebt, dass es wirklich am Anfang so richtig geflutscht ist, wie ich oben geschrieben habe. Und dann eben nicht mehr. Oder du hast die gegenteilige Erfahrung gemacht, dass du nach der ersten OP nur wenig abgenommen hast.

Dann ist die Erwartung an die Umbau-OP natürlich noch größer als beim ersten Mal: jetzt „muss“ endlich etwas passieren!

Tatsächlich ist es nicht ungewöhnlich, dass nach einer Umbau-OP erstmal viel weniger auf der Waage passiert, als von der Essmenge her zu erwarten wäre. Und da du ja meistens von Leuten umgeben bist, die zum ersten Mal operiert werden, gibt es noch weniger Leute, die dich in deiner Sorge beruhigen können ;).

Das Sinnvollste, was du dann tun kannst:

Anti-Stillstands-Tipp 2a: Halte dich nach einer Umbau-OP wieder so genau wie möglich an feste Essenszeiten und Portionsgrößen, bis du ein gutes Gespür für dein verändertes Hunger- und Sättigungsgefühl hast.

 

Irrtum 3: du hast (noch) kein Gespür was dein passendes Zielgewicht ist

Gibt es ein Zielgewicht, das du unbedingt erreichen möchtest? Und wenn ja: hast du das selber ausgesucht oder ist es eine Vorgabe, zum Beispiel das Gewicht, das du erreichen solltest, bevor die Hautstraffungs – OPs geplant werden können? Oder das Gewicht, das du bei deiner Hochzeit hattest?

Besonders wenn du noch nie oder schon sehr lange nicht mehr normalgewichtig warst, ist es gar nicht so einfach, ein Gespür dafür zu haben, ob die Kilozahl in deinem Kopf oder in den Aussagen deiner Ärzte für dich wirklich passt.

Als Hilfsmittel arbeiten Ärzte und Krankenkassen entweder mit dem BMI oder der Formel: Körpergröße minus 100, um das empfohlene Zielgewicht zu ermitteln. Ich habe in meinen Beratungen oft erlebt, dass sich KlientInnen mit einem BMI, der eher Richtung 30 ging, wohl, fit und leistungsfähig gefühlt haben.

Nicht JedeR muss einen BMI unter 25 haben. Welches Gewicht ist denn das, was für dich wirklich passt? Das Gewicht, mit dem du dich wohl und leistungsfähig fühlst? Wenn du dir sicher bist, dass du mit deiner Menge und Zusammensetzung des Essens gut versorgt bist und gesund bist, hast du vielleicht dein Gewicht gefunden.

Anti-Stillstand-Tipp 3: Überprüfe, ob du wirklich noch abnehmen willst und musst. Fühlst du dich mit deinem erreichten Gewicht wohl, fit und leistungsfähig? Führe dir auch vor Augen, wie viel du schon geschafft hast.

 

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Wie lange darf ein Gewichtsstillstand dauern?

Ich habe keine offizielle Definition gefunden, was genau denn überhaupt ein Gewichtsstillstand ist. Deshalb lässt sich die Frage, ab wann du dir Sorgen machen solltest, nicht pauschal beantworten. Vielleicht hilft es, mal andersrum zu denken und dir klarzumachen, was alles KEIN Gewichtsstillstand ist. Zum Beispiel:

  • wenn du bei der Entlassung nach der OP noch nicht abgenommen hast.
  • wenn du heute mehr wiegst als gestern. Tägliches Wiegen kann dich eher verwirren. Wenn du dir damit Stress machst, wiege dich bitte höchstens 1 Mal pro Woche.
  • zwei Wochen lang keine Bewegung auf der Waage festzustellen. Egal in welcher Phase du bist. Es kann sogar noch viel länger dauern.
  • Wenn du nach der Anfangszeit mit großer Abnahme jetzt nur noch wenige Kilo abnimmst. 1-2 kg im Monat abzunehmen ist KEIN Stillstand. Auch wenn es sich am Hosenbund so anfühlt.
  • Wenn du in einem Gewichtsbereich bist, der in der Nähe von Normalgewicht liegt (ja, das schreibe ich bewusst so ungenau, siehe oben!).

 

Okay, ich habe tatsächlich Gewichtsstillstand: was kann ich tun?

Wenn du dir alle Fragen dieses Artikels beantwortet hast, hast du hoffentlich ein Gespür dafür bekommen, ob du wirklich an deinem Gewicht noch etwas beeinflussen solltest und willst.

Wenn du dir sicher bist: jawoll, das ist ein Gewichtsstillstand, an dem ich noch etwas verändern möchte – aber nicht mehr genau weißt, wo du ansetzen sollst, kannst du in diesem Blogartikel noch einmal die wichtigsten Ansatzpunkte rund um deine Lebensmittelauswahl und deinen Ess-Alltag überprüfen.

Hol dir Unterstützung in der „Dranbleiben!“-Community

Wenn du immer wieder über deinen Alltag stolperst und das Gefühl hast, dass du allein immer wieder an den selben Stellen nicht weiterkommst, helfe ich dir gern! In meiner Community „Dranbleiben! Entspannt essen bei Adipositas-OP“ begleite ich dich dauerhaft mit Online-Gruppentreffen, einem von mir moderierten geschlossenen Forum und einer ständig wachsenden Video-Bibliothek. Die Feedbacks der Teilnehmerinnen zum „Vorgänger-Kurs“, der über 7 Wochen lief, sind soo toll!

Nadine schrieb mir zum Beispiel: Mir hat der Kurs dazu verholfen, dass die Kilos wieder purzeln. Vorher bin ich nicht auf mein Eiweiß gekommen – es war einfach der Wurm drin.Es hat mich überrascht, dass so viele „Kleinigkeiten“ so große Wirkung haben können (z.B. bei mir die Kohlenhydrate). Ich gehe mit viel Postivem aus dem Kurs.“

Hier findest du die Infos und kannst dich in die Warteliste eintragen. Ich sage dir dann Bescheid, wenn die Community neue Mitglieder aufnimmt.  

Ich wünsche dir, dass du mit diesen Infos und Gedanken mehr Klarheit, ein paar Handlungsideen und außerdem eine große Portion Gelassenheit und Wertschätzung dafür entwickeln kannst, was du mit der Entscheidung für die OP geleistet hast und noch leistest!

Wenn irgendetwas bei dir ganz anders war als ich beschrieben habe: schreib mir gern deine Erfahrungen in die Kommentare!